Nachweisgesetz: Wichtige Neuerungen bei den Arbeitsverträgen. Was Arbeitnehmer*innen und Betriebsräte jetzt wissen müssen
Liebe Betriebsrätinnen und Betriebsräte,
Die EU-Arbeitsbedingungenrichtlinie soll in Deutschland durch ein neues Gesetz umgesetzt werden. Durch das „Gesetz über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen“, das nach Zustimmung des Bundesrats in Kraft tritt, werden die Bedingungen an die Ausgestaltung von Arbeitsverträgen verschärft.
Mit welchen Änderungen kann gerechnet werden?
1. Neue Arbeitsverträge müssen zum Stichtag (sobald die Gesetzänderung in Kraft tritt) über die wesentlichen Vertragsinhalte unterrichten (Unterrichtungspflichten) und eigenhändig unterschrieben werden (Schriftform). Jede Vertragspartei erhält ein Exemplar. Eine elektronische Unterrichtung / Unterschrift reicht nicht aus. Der Arbeitgeber muss den Arbeitsvertrag archivieren.
2. Altverträge: Bei bestehenden Verträgen haben Arbeitnehmer*innen ein Auskunftsrecht, was die Arbeitsbedingungen angeht, sofern diese im bestehenden Vertrag noch nicht aufgeführt wurden. Der Arbeitgeber muss bei Auskunftsverlangen über die grundlegenden Arbeitsbedingungen bei bestehenden Verträgen innerhalb von 7 Tagen, über alle weiteren innerhalb von einem Monat informieren.
3. Wesentliche Änderungen des Arbeitsvertrags müssen immer sofort nachgewiesen werden, d.h. schriftlich festgehalten werden.
Die wesentlichen Arbeitsbedingungen, über die der Arbeitgeber zukünftig (z.T. auch jetzt schon) informieren muss, sind:
- Name und Anschrift der Vertragsparteien
- Zeitpunkt des Beginns des Arbeitsverhältnisses
- Dauer des Arbeitsverhältnisses bei Befristung
- Arbeitsort
- Bezeichnung oder Beschreibung der Tätigkeit
- Zusammensetzung und Höhe des Arbeitsentgelts
- Arbeitszeit
- Dauer des jährlichen Erholungsurlaubs
- Kündigungsfristen
- Allgemeiner Hinweis auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen, die auf das Arbeitsverhältnis anwendbar sind.
4. Die vereinbarten Ruhepausen und Ruhezeiten sowie bei vereinbarter Schichtarbeit das Schichtsystem, der Schichtrhythmus und die Voraussetzungen für Schichtänderungen sind ab Stichtag ebenfalls Bestandteil des Arbeitsvertrags.
5. Die Probezeit muss sich bei befristeten Verträgen nach der Laufzeit richten und in einem angemessenen Verhältnis zur Laufzeit stehen.
6. Nicht nur die Höhe des Arbeitsentgeltes, sondern jetzt auch die Zusammensetzung der Vergütung, z.B. Vergütung von Überstunden, Zuschläge, Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen sowie andere Bestandteile des Arbeitsentgelts (jeweils getrennt mit Fälligkeit sowie die Art der Auszahlung) muss im Arbeitsvertrag genau aufgelistet sein.
7. Wenn es eine Vereinbarung über die freie Wahl des Arbeitsorts gibt (z.B. im Rahmen einer Betriebsvereinbarung), muss dies im Arbeitsvertrag stehen.
8. Das Kündigungsverfahren muss erklärt werden: Zusätzlich zu den Kündigungsfristen müssen die Fristen zur Einreichung der Kündigungsschutzklage nach § 7 KSchG sowie das Schriftformerfordernis für die Kündigung genannt sein.
9. Möglichkeiten zur Fortbildung müssen im Arbeitsvertrag genannt werden.
10. Erklärung, unter welchen Voraussetzungen der Arbeitgeber Überstunden anordnen kann.
11. Angaben zur betrieblichen Altersversorgung, falls diese vom Arbeitgeber über einen Versorgungsträger angeboten wird (Nachweispflicht entfällt, wenn der Versorgungsträger zu dieser Information verpflichtet ist).
12. Bei einem Gesetzverstoß bleibt das Arbeitsverhältnis natürlich unangetastet. Allerdings trägt dann der Arbeitgeber die Beweislast (das ist auch jetzt schon so). Zudem werden – und das ist neu – im Nachweisgesetz Konsequenzen bei Nichtbeachtung durch den Arbeitgber aufgezeigt: bis zu 2000 Euro Bußgeld pro Verstoß gegen das Nachweisgesetz sind zukünftig möglich!
Da die Neuerungen sehr umfangreich und durchaus kompliziert in der Anwendung sind und erhebliche Folgen für die BR-Praxis haben können, haben wir uns entschieden, ein Seminar mit dem Thema für Euch zu organisieren:
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